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Ein paar gedanken für den Anfang



Über Yoga zu schreiben ist gar nicht so einfach, denn Yoga sollte nach Möglichkeit vor allem geübt werden. Und doch wollten manche von euch wissen, wann endlich der erste Yoga-Beitrag erscheint. Hier ist er also. 

Vielleicht habt ihr auch schon mal gefragt „Warum sollte ich eigentlich mit dem Yogaüben beginnen?“ Neben den üblichen und unbestrittenen Vorteilen wie physisches und mentales Wohlergehen möchte ich noch weitere, weniger diskutierte Aspekte hervorheben: 


1. Das Spiel. Einerseits erkunden wir mittels der einzelnen Asanas die Möglichkeiten unseres Körpers, etwa "Wie weit kann ich mich nach hinten oder zur Seite strecken?" oder "Wie fühlt sich diese oder jene Bewegung an?" Dieses Erkunden muss nicht immer todernst sein, im Gegenteil: je entspannter und offener für Neues wir dabei sind, umso mehr lernen wir. Ein nicht verkrampfter Körper und fröhlicher Geist können leichter Neues aufnehmen und machen grössere Fortschritte (wobei ich Fortschritt nicht nur mit Vorwärtsgehen und Dehnen /Strecken gleichsetzen würde). Anderseits macht uns die verspielte Herangehensweise nicht nur körperlich, sondern auch geistig flexibel: geht es nicht heute, versuche ich es morgen oder übermorgen wieder. Das Leben wird oft mit einem Fluss verglichen und wir tun gut daran, wenn wir uns von diesem Fluss ein bisschen tragen lassen, wenn wir zulassen, dass die Dinge auf uns zukommen und wir ihnen gestatten, etwas zu tun, uns zu beeinflussen, inspirieren oder gar zu tragen. Jeden Tag sind wir ander:e, und es ist nicht so, dass alles nur linear von A nach B wie in einem Schulbuch verläuft. Der Yoga lehrt uns, dass Dinge manchmal erst richtig erscheinen, wenn wir auf dem Kopf stehen. Dass manchmal ein Zentimeter sich länger anfühlt als ein Kilometer. Oder eben, dass ein Spiel uns plötzlich weiterbringt als ein grosser Ernst. 


2. Sprache als Werkzeug. In seinen Philosophischen Untersuchungen vergleich Ludwig Wittgenstein den Gebrauch der Sprache mit einem Werkzeugkasten, aus dem wir je nach Bedarf das passende Instrument herausnehmen um dies oder jenes zu bewerkstelligen. Und tatsächlich, der Sprache kommt im Iyengar Yoga eine besonders wichtige Rolle zu. Denn mittels ihr erreiche ich meine Schüler:innen und mittels ihr wird eine Wirkung beim Üben erzielt. Es ist nämlich ein grosser Unterschied, ob ein Asana mithilfe exakter Anweisungen ausgeführt wird oder lediglich mit blossem Nachmachen. Denn es ist Sprache, die  Bewusstsein für Körper(teile), einzelne Bewegungen oder Anwendung von Kraft schafft. „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“, heisst es bei Wittgenstein und im Fall vom Yoga gilt dies umso mehr, als wir viele subtile Korrekturen nur mithilfe von sprachlicher Anweisungen ausführen können. 


3. Eine innere Reise. Die obigen sprachlichen Anweisungen lenken unsere Aufmerksamkeit von einem Punkt zum anderen. Ohne es zu merken, unternehmen wir auf diese Weise eine Reise durch das Innere und Äussere unseren Körpers. Wir strecken unsere Wirbelsäule, atmen ein, bringen Arme und Beine in die gewünschten Positionen, rotieren, anspannen / entspannen bestimmte Muskelgruppen und vieles mehr. Das meiste davon ist abstrakt, die wenigsten von uns haben einen 1:1 Einblick ins Innere des menschlichen Körpers gehabt, geschweige denn die eigene Rückseite gesehen. Und obwohl sie abstrakt anmutet, so hat diese (innere) Reise konkrete Auswirkungen auf unser Wohlbefinden und unsere Wahrnehmung. Es entfaltet sich ein subtiles Zusammenspiel von Körper und Bewusstsein: das eine kann ohne das andere nicht wirklich präzise arbeiten. Wir folgen exakten Anweisungen um die Asanas korrekt auszuführen, was wiederum auf uns einwirkt. B.K.S. Iyengar fasst diesen Prozess sehr treffen zusammen: „Asanas are perfromed by the body for the mind."


4. Ein magisches Körperwerk. In einem letzten Punkt möchte ich auf das Thema Handwerk - oder eher Körperwerk - zu sprechen kommen. Beim Üben vom Yoga schärfen wir unsere Sinne und entwickeln ein Feingefühl für unseren Körper. Es sind viele subtile Veränderungen, doch in ihrer Summe machen sie einen grosseen Unterschied in Bezug auf die Wahrnehmung unser selbst und der Umwelt aus. Betrachten wir diese Fähigkeiten im Sinne von Richard Sennets Definition vom Handwerk, liegt der Schluss nahe, dass Yoga auch eine Art Hand- und Körperwerk ist. Wir vertiefen unser Wissen nicht nur beim technisch-anatomischern Teil, sondern erforschen auch die feine Grenze zwischen Körper und Geist (engl. mind). Auf diese Weise werden wir Handwerker und Kenner unser selbst, lernen unzählige, bisher verborgene Feinheiten wahrzunehmen und auf diese zu reagieren, Korrekturen vorzunehmen und vieles mehr. Das Beherrschen dieses Zusammenspiels resultiert in einem Gleichgewicht, das wir gewöhlich als Gesundheit bezeichnen.


Meine Yogalektionen nach Iyengar Methode finden jeden Freitag vom 8-9:30 Uhr statt (Zürich). Zur Info & Anmeldung geht’s hier. 

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